Prof. Kiefer gehört zu den renommiertesten Physikern Deutschlands. So fällt sein Name in schöner Regelmäßigkeit, wenn es darum geht, einen deutschen Physiker „auf der Suche nach der Weltformel“ zu benennen. Er studierte Physik und Astronomie an den Universitäten Heidelberg und Wien und promovierte 1988 in Heidelberg über den Begriff der inneren Zeit in der kanonischen Quantentheorie der Gravitation, habilitierte sich 1995 und lehrte an den Universitäten Zürich und Freiburg. Es folgten längere Aufenthalte unter anderem an der University of Cambridge, der Université de Montpellier und dem Wissenschaftskolleg zu Berlin. Seit 2001 ist er Professor für Theoretische Physik an der Universität Köln. Weiter ist er Autor mehrerer bekannter Sachbücher zum Thema Relativitätstheorie und Quantenkosmologie.
Der Quantenkosmos
(Vortrag, gehalten im Waldhof, 3. Juli 2010)
Die wichtigsten Grundlagen für das Verständnis unseres Universums sind Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie und die experimentell bewährten Theorien der Kern- und Teilchenphysik. Dabei lässt sich die Geometrie von Raum und Zeit mit Hilfe der Gravitation ausdrücken (Einsteinsche Feldgleichungen). Probleme bereitet allerdings der Beginn unseres Universums (Quanteneffekte, Hyperinflation). Hierfür wird nach einer Theorie der Quantengravitation gesucht, die auch die ungewöhnlichen Eigenschaften im Quantenbereich (wie z.B. Dekohärenz) klären sowie die verschiedenen Wechselwirkungen vereinheitlichen und die Singularitätentheoreme der Schwarzen Löcher und des Urknalls neu deuten muss. Eine Quantenkosmologie zeichnet sich also ab. Als besondere Schwierigkeit zeigt sich aber das Phänomen der Zeit, die auf der fundamentalen Ebene der Quantengravitation völlig verschwindet.
Wenn sich mit Hilfe der Quantenkosmologie aber der Ursprung der Zeitrichtung, die Strukturentwicklung aus Quantenfluktuationen, die Entstehung und Entwicklung unseres Universums ohne Singularitäten und die Rätsel von Dunkler Materie bzw. Dunkler Energie lösen lassen, dürfte auch die Rolle des Zufalls in der Quantentheorie verstanden werden.